Belohnung beim Hund - Wie belohne ich richtig?

 

 

 

"Der muss das für mich tun und nicht für das Leckerchen!"
"Ich kann ja nicht auf jedem Spaziergang ein Kilo Futter dabei haben"

Diese Sätze haben Sie bereits gehört oder vielleicht sogar selbst schon einmal gesagt?
Die Meinungen über die angemessene Belohnung (besonders Futterbelohnungen) gehen in der Hundeszene teils weit auseinander. Umso wichtiger dieses Mysterium einmal näher zu beleuchten.

Braucht ein Hund unbedingt eine Belohnung? - Wie oft sollte ich belohnen? - Und wie belohne ich richtig?

  

 

  

Unser gesamtes Leben besteht aus Belohnungen

Kaum zu glauben aber wahr. Auch wir Menschen leben mit einem individuellen Belohnungssystem und zwar IMMER.
Alles was wir tun ist mit einer anschließenden Belohnung verknüpft.
Unsere Handlung und die daraus resultierende Belohnung setzt eine Intention voraus.
Hier einmal einige Beispiele:

1. Licht einschalten
Ich möchte Licht haben (Intention) - ich gehe zum Lichtschalter und betätige diesen (Handlung) - ich bekomme Licht (Belohnung - da die Intention befriedigt wurde)

2. Geld verdienen
Ich muss Geld verdienen weil ich mir etwas schönes kaufen will (Intention) - ich arbeite (Handlung) - Ich kaufe mir etwas schönes (Belohnung)


3. Jmd. ein Geschenk kaufen
Ich möchte jemandem eine Freude machen (Intetion) - Ich kaufe ein Geschenk (Handlung) - die Person die ich beschenke freut sich und bedankt sich bei mir (Belohnung).



Anhand dieser Beispiele erkennen wir, dass wir für jede unserer Handlungen mit unserer Intention belohnt werden. Doch was passiert mit uns wenn dies nicht der Fall wäre?
Stellen Sie sich nun aber einmal vor sie gehen arbeiten (weil Sie Geld verdienen müssen) und erhalten zur Belohnung Kieselsteine. Wie fühlen Sie sich?
Wir reagieren vielleicht mit Trauer, Enttäuschung oder Wut.





Ebenso der Hund lebt und handelt nach einem Belohnungssystem.

1. Jagen
Der Hund ist hungrig (Intention) - der Hund Jagd, und erlegt (Handlung) - Der Hund frisst (Belohnung)

2. Der Hund ist müde und möchte schlafen (Intention) - der Hund sucht sich einen Liegeplatz (Handlung) - der Hund schläft (Belohnung)

3. Der Hund zieht an der Leine
Der Hund möchte schneller vorwärts kommen (Intention) - der Hund zieht an der Leine (Handlung) - der Hund kommt vorwärts (Belohnung)



Ein nicht-Erfüllen der Erwartung oder Intention kann beim Hund ebenso wie bei uns Menschen zu großen Frustrationen führen (Leinenaggression usw.).

  

Lernverhalten des Hundes

Ein grundsätzliches Element des Lernverhaltens ist das Lernen über Erfahrungen.
Diese Erfahrungen können sowohl positiv als auch negativ sein und sind meist von Erfolg oder Misserfolg begleitet.
Übt der Hund beispielsweise eine Handlung aus und seine Intention wird nicht befriedigt (Misserfolg) wird diese Handlung auf diese Weise vom Hund nicht mehr ausgeführt werden.
Eine Handlung seitens des Hundes ist also immer davon abhängig ob seine Intention hinter dem Verhalten auch angemessen belohnt wird.

Wie verhält es sich aber nun mit Kommandos und Tricks die wir unserem Hund beibringen möchten und vielleicht sogar existenziell für unseren Erziehungserfolg sind?


Kommandos wie "Sitz", "Platz" oder "Pfötchen geben" sind Handlungen die aus Sicht unseres Hundes keinen Sinn ergeben. Warum also sollte er so etwas unsinniges also tun? Um Ihnen eine Freude zu machen?
In jedem Fall kommen wir über eine Belohnung nicht hinweg. Die Art der Belohnung ist dabei aber von Hund zu Hund unterschiedlich.


  

Belohnung IMMER mit der Intention des Hundes

Angelehnt an das natürliche Lernverhalten des Hundes belohnen wir in jedem Fall mit der Intention des Hundes.
Dies setzt voraus dass wir den Hund in eine Erwartungshaltung arbeiten - sprich: wir machen ihm klar, dass sich das Arbeiten mit dem Menschen lohnt.
Die Art der Belohnung ist so vielfältig und individuell wie der Charakter des Hundes selbst.
Spielzeug, Kuscheleinheiten, Futter, etwas suchen dürfen usw. All das kann ein Belohnungsfaktor sein der das Verhalten des Hundes verstärken kann.
Es liegt an Ihnen herauszufinden welche Art von Belohnung Ihren Hund am meisten zur Mitarbeit motiviert.
Arbeitet mein Hund für Futter - belohne ich mit Futter.
Arbeitet mein Hund für Spielzeug - belohne ich mit Spielzeug usw.
  

Bestrafung und der generelle Einsatz von Gewalt

Wir sehen es leider heute noch, der Hund kommt nicht auf Ruf zurück - kommt er dann endlich einmal wieder bekommt er zur Belohnung noch ein´s mit der Leine übergebraten.
Das klingt für Sie erst einmal ganz furchtbar? - Das ist es auch, aber die Narben die dem Hund dadurch zugefügt werden reichen bis tief in seine Seele.


Abgesehen davon, dass der Hund das Vertrauen in den "unberechenbaren" Menschen verlieren kann wird er auch zunehmend angst davor haben etwas falsch zu machen.
Viel zu oft sieh man Hunde die zusammen zucken wenn der Mensch den Arm hebt.
Aber nicht nur solch offensive Bestrafungen haben einen negativen Einfluss auf das Lernverhalten des Hundes.

Das Zwingen ist eine heute noch oft verwendete Form den Hund dazu zu bewegen eine Handlung auszuführen. Als Beispiel führe ich hier einmal das berühmte Kommando "Sitz" auf.
Viele Menschen neigen dazu dem Hund aus das Becken zu drücken um ihn zum Sitzen zu bewegen. Abgesehen davon, dass dies die Bandscheiben des Hundes auf Dauer schwer schädigen kann, bringe ich dem Hund bei - auf Druck hin auszuweichen. Das bedeutet:
Hund soll sich setzen - Druck wird auf dem Becken ausgeübt - der Hund empfindet dies als unangenehm und weicht diesem aus (Handlung) - der unangenehme Druck hört auf (Belohnung).
Ebenso der Entzug einer Belohnung kann für den Hund eine Strafe sein und ihn in folge dessen zu der gewünschten Handlung bewegen.



Beides aber baut auf dem Konzept auf, dass der Hund etwas meidet um das richtige Verhalten zu zeigen. Dies sollte nicht der Weg sein.
  

Kann man Emotionen belohnen?

Zu meinem großen Bedauern hält sich die These, dass eine Emotion belohnt werden kann wacker in den Köpfen der Menschen.
Besonders die Medien tragen einen großen Teil dazu bei.  
Vielfach fällt der Satz "Wenn der Hund angst hat, musst du ihn ignorieren, sonst belohnst du die Angst".
Dass diese Aussage schlichtweg falsch ist beweist uns doch der eigene gesunde Menschenverstand.
Ein Kind das Angst hat wird von uns auch nicht ignoriert sondern wir geben ihm Nähe und vermitteln ihm das Gefühl von Sicherheit.

Auf wissenschaftlicher Ebene sei gesagt, Angst, Trauer, Wut, Freude usw. sind sog. Emotionen.
Emotionen werden in unserem Gehirn gebildet und können nicht belohnt werden.
Lediglich eine Handlung die aus einer Emotion heraus resultieren kann (Flucht, Aggression, Lachen usw.) kann belohnt werden.
Außerdem können wir Emotionen positiv oder negativ beeinflussen z.B. indem wir die Angst durch unser Verhalten verschlimmern. Allerdings geht dem keine Belohnung einher.
  

Handlungsketten

Die Ausführung von Verhalten beim Hund setzt sich aus mehreren, verschiedenen Handlungsketten zusammen. Nehmen wir hierfür wieder einmal das Beispiel mit dem Licht anschalten.

Aufstehen - zum Schalter gehen - vor dem Schalter stehen bleiben - die Hand nach dem Schalter ausstrecken - den Schalter betätigen.

Einige Verhaltensweisen beim Hund müssen Schritt für Schritt mit Belohnungen voran getrieben werden. Beispielsweise der Trick "Zeitung aus dem Briefkasten holen". Dieser Trick setzt sich aus gleich mehreren komplexen Handlungsketten zusammen (Zeitung in´s Maul nehmen - Zeitung tragen - Briefkasten öffnen - Zeitung heraus ziehen usw.). Besonders wenn keine der gewünschten Verhaltensweisen im Vorhinein gelernt wurden müssen diese Schritt für Schritt aufgebaut und anschließend kombiniert werden. Dies geschieht ebenfalls durch Belohnungsgaben.
Wenn der Trick aber irgendwann einmal erlernt wurde - reicht eine finale Belohnung am Ende des gezeigten Tricks aus.
Dies bedeutet: Die Belohnungsgaben werden zwar weniger, aber sie bleiben ein Leben lang bestehen.
Sie als Mensch sind ja auch in der Lage einen Monat lang zu arbeiten und am Ende eines jeden erst Ihr Gehalt zu bekommen.
  

Selbstbelohnendes Verhalten

 Unter selbstbelohnendem Verhalten verstehen wir ein Verhalten welches der Hund sich selbst ausgewählt hat und mit diesem Verhalten zum Erfolg gekommen ist.
z.B. Flucht (Hund will Abstand gewinnen (Intention) - flüchtet (Handlung) - erhält Freiraum (Belohnung))

 

Adrenalin - Die Belohnung mit Suchtpotenzial

 Wie oft haben wir schon von den sog. Ball-Junkees gehört oder kennen das sogar aus eigener Erfahrung?
Besonders Beutetriebige Hunde (Jagdhunde, Terrier, Hütehunde) neigen zu einer regelrechten Sucht zu Spielzeug denn - Spielen schüttet den Botenstoff Adrenalin aus. Dieses Hormon gibt dem Körper mehr Leistungsfähigkeit (die Organe arbeiten auf Hochtouren), es verdickt das Blut und stimuliert mehrere Hirnregionen.
Nicht selten neigen Hunde die unter Entzug stehen zu teils schweren Verhaltensauffälligkeiten wie vermehrtes Kläffen, Ruhelosigkeit oder Aggressivität.
Dosieren Sie daher die Belohnungsgaben mit starken Triebmitteln.




So individuell der Hund ist, so individuell sollte seine Belohnung sein. Achten Sie auf Ihren Hund und finden Sie IHREN individuellen Weg.